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Neuere Publikationen zum Download
Inklusives Denken und integratives Handeln (2017)
Dr. Bernd Niedergesäß hat einen Aufsatz über Ausgrenzungsprozesse geschrieben, die in Kitas zum pädagogischen Alltag gehören.
PDF herunterladenDer Wertewandel in Sachen Sexualität (2016)
Dr. Bernd Niedergesäß hat einen Aufsatz zur Sexualität in der Kita verfasst. Er handelt vom Wertewandel von der Vormoderne zur Postmoderne und seine Bedeutung für die Pädagogik.
PDF herunterladenGruppenprozesse bei den Mainkrokodilen (2010)
Wenn Kinder in die Kita oder die Schule kommen machen sie die Erfahrung von unterschiedlichen Werte- und Normensystemen sowie den unterschiedlichen Strukturen in ihrer Familie und diesen Einrichtungen des öffentlichen Bereichs.
PDF herunterladenPädagogische Antworten auf den Wandel der Kindheit (2009)
In den Verhaltensweisen der Kinder und den Erwartungen von deren Eltern an die Pädago-gInnen unserer Einrichtungen stellen wir in den letzten Jahren regelhafte Veränderungen fest, aufgrund von deren Beständigkeit wir annehmen, dass sich darin ein neuer Wandel der Kindheit abzeichnet.
PDF herunterladenSpiegelungs- und Bildungsprozess (2009)
Der Auswertungsbericht (von Dr. Niedergesäß / Petra Hämel-Heid) ist die gekürzte Fassung eines Vortrags auf der Tagung des Frankfurter Arbeitskreise für Psychoanalytische Pädagogik „Die frühe Kindheit“ im Okt. 05 in Frankfurt a. M.
PDF herunterladenQualtitäsentwicklung: Geistige Behinderung (2009)
Formen einer angemessenen Förderung von geistig behinderten Kindern in Kindertagesstätten: Die angemessene Gestaltung von fördernden Rahmenbedingungen für Vorschulkinder und Kinder im Schulalter in Kitas hängt von den kognitiven und sozialen Kompetenzen der Kinder ab, ihren bisherigen Erfahrungen und davon, inwieweit sich diese Rahmenbedingungen hinsichtlich möglicher Handlungsoptionen der Kinder zur Selbstveränderung und zur Gestaltung oder Auswahl von Bedingungen durch PädagogInnen sinnvoll gestalten lassen.
PDF herunterladenGestaltung von Eingewöhnungs- und Bildungsprozessen bei den Mainkrokodilen (2005)
Eine Zwischenbilanz der Ergebnisse der Bildungsgruppe von Dr. Bernd Niedergesäß.
PDF herunterladenWeitere Publikationen bis 2000
Rede zum Abschluss des ersten Kurses der Zusatzqualifikation (Bernd Niedergesäß, 2005)
Ich freue mich, dass wir heute zur Übergabe des Zertifikats für Euren erfolgreichen Abschluss , des ersten Kurses der Zusatzqualifikation zusammengekommen sind. Aus Trägersicht sind es – neben den wichtigen Grundkenntnissen in Heil- und psychoanalytischer Pädagogik – vor allem folgende Grundlagen für unsere Arbeit, deren Vermittlung uns besonders am Herzen liegt:
- ein Beziehungsverständnis – wie es von der psychoanalytischen Theorie beschrieben wird – , das beinhaltet, dass die von uns intendierte Entwicklung von Kindern nur möglich ist, wenn wir bereit und in der Lage sind, uns in der gemeinsamen Beziehung zu einem Kind mit diesem zu verändern;
- eng damit zusammen hängt die Sichtweise, dass die Schwierigkeiten von Kindern, von Eltern und von uns selbst mit der Behinderung eines Kindes in unserer Einrichtung umzugehen, auch und zumeist vor allem Ausdruck von Schwierigkeiten sind, die wir „Nichtbehinderten“ haben, mit unseren eigenen „dunklen“ Seiten umzugehen, die von „Behinderten“ ungewollt gespiegelt werden;
- für eine weitere wesentliche Grundlage halten wir zum Dritten, dass für diese Selbst/-Veränderungsprozesse ein haltender Rahmen notwendig ist, der uns befähigt, schwierige Situationen mit Kindern, Eltern oder KollegInnen anzusprechen und das Verständnis davon für unsere Arbeit zu nutzen, das uns bei Zweifeln auffangen kann und Mut macht. Zu diesem Rahmen gehören die Beziehungen der KollegInnen untereinander, zum anderen die Strukturen, die der Träger zur Verfügung stellt.
Die – manchmal recht kontroverse – Auseinandersetzung über diese Grundlagen und darüber, was diese für Konsequenzen für den pädagogischen Alltag und für die Strukturen bei den Mainkrokodilen haben sollten, stellt den roten Faden in der pädagogischen Diskussion bei den Mainkrokodilen seit ihrer Gründung im Jahr 1983 als Teil der Kinderladenbewegung dar. Doch im Gegensatz zu heute, wo diese Einstellung für die meisten KollegInnen, die neu zu uns kommen, neu erworben werden muss, stellte sie in den Anfangsjahren für viele PädagogInnen, die in Kinderläden arbeiteten, eine eher selbstverständliche Einstellung dar, wie bewusst sie auch immer gewesen sein mag.
Für viele PädagogInnen, aber auch die Eltern, die ihre Kinder damals in Kinderläden betreuen ließen, war diese bestimmte Pädagogik für Kindern dort, Teil einer Praxis mit der sie ihr Leben, das ihrer Kinder und die Gesellschaft insgesamt sehr grundsätzlich verändern wollten. Und die Veränderung der Gesellschaft war in diesem Selbstverständnis nur möglich, wenn sich jeder Einzelne, der sich daran beteiligte, selbst radikal in Frage stellte und versuchte ein Stück „neues Leben“ in der „alten Gesellschaft“ zu verwirklichen, in Partnerbeziehungen, Wohngemeinschaften und alternativen Betrieben. Pädagogik war damit Teil eines politischen Lebens, Therapie-, also Selbstveränderungserfahrungen, waren zumeist selbstverständlicher Teil dieses Veränderungsprozesses auf der subjektiven Seite. Einher damit ging, dass es selbstverständlicher war als heute, Verantwortung für ein Ganzes zu übernehmen.
In diesen Veränderungsprozessen wurde jedoch die Wichtigkeit eines haltenden Rahmens oft nicht genügend Bedeutung beigemessen. Deshalb verliefen diese Prozesse oft schwierig oder endeten ohne das gewünschte Ergebnis. Die Veränderungen in unserer Einrichtung – zu denen ich auch die von Euch nun beendete Zusatzqualifikation zähle – waren der Versuch in den letzten 20 Jahren, diesen Rahmen für eine mit Selbstveränderungsprozessen verbundene Pädagogik zu schaffen und zu verbessern.
Die ersten gemeinsamen Schritte in die Welt: Babys in Tageseinrichtungen (Sammelband, 2004)
Das Buch stellt eine Art Zwischenbilanz dar, eine Zwischenbilanz der Überlegungen von Fachleuten aus dem Krippen- und Krabbelstubenbereich welche Kenntnisse PädagogInnen bei ihrer Arbeit mit den Unter-Einjährigen brauchen. Denn als vor einigen Jahren der Bedarf nach Betreuungsplätzen für Kinder dieser Altersgruppe anstieg begannen Träger und PädagogInnen vor Ort, ihre Rahmenbedingungen anzupassen. Sie stellten jedoch fest, dass dieses Wissen keineswegs selbstverständlich vorhanden ist und dass darüber hinaus erprobte Konzepte für ihre Umsetzung gänzlich fehlten.
Deshalb begannen VertreterInnen frei gemeinnütziger Träger im Jahre 2001 eine Voruntersuchung bei drei Einrichtungen durchzuführen, die zu dieser Zeit auch Kinder unter einem Jahr in ihren Gruppen hatten. Sie stellten sodann die Auswertung dieser Untersuchung im Rahmen einer Tagung im Jahre 2002 vor, bei dem auch Wissenschaftlerinnen zu dem Thema der geeigneten Rahmenbedingungen Stellung nahmen. Dort besprochene Folgeuntersuchungen sowie der Erarbeitung der nun fertig gestellten Richtlinie, die Herr Frey vorstellte, bildeten die nächsten Schritte. Die Ergebnisse dieses gesamten Prozesses bilden zusammen mit weiteren Beiträgen den Inhalt dieses Buches.
Kornelia Schneider füllt in ihrem Beitrag auf der Grundlage neuer Forschungsergebnisse den seit einigen Jahren gängigen Begriff des „kompetenten Säuglings“.
Daran knüpft der Beitrag von Frau Hämel-Heid und Bernd Niedergesäß an, in dem sie Ergebnisse der Forschung bei den Mainkrokodilen auswerten, z.B. wie PädagogInnen sinnvoll mit ihrem Wissen um Bindungskonzepte der von ihnen betreuten Kinder umgehen können.
Gerd E. Schäfer entwickelt in seinem Beitrag was Bildung bei Kindern in ihrem ersten Lebensjahr bedeutet und erläutert die Entwicklung des für diese Altersspanne charakteristischen konkreten Denkens.
Magret von Allwörden und Frauke Drees was das Bild des aktiven und kompetenten Säuglings in der Beziehungsgestaltung von PädagogInnen bedeutet, die nach dem Pikler-Ansatz arbeiten.
Claudia Maier-Höfer schildert ein interessantes Konzept der Trennungsverarbeitung von Kindern am Beginn ihrer Kindergartenzeit, das Konzept der „Maison Verte“. Dieses geht von ganz anderen Voraussetzungen aus, wie die Eingewöhnungskonzepte, die in unseren Krippen und Krabbelstuben angewandt werden.
Wie vor allem räumliche Bedingungen in Krippen und Krabbelstuben gestaltet werden können um möglichst günstige Voraussetzungen für Bildungsprozesse der Unter-Einjährigen zu schaffen, wird in dem Beitrag von Angelika von der Beek beschrieben.
Heide Kallert gibt in einem weiteren Artikel eine Übersicht bezüglich der Angebote und Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren im europäischen Vergleich.
In dem letzten Beitrag des Buches stellen Ingeborg Ludwig und Barbara Theißen die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe dar, die erste Standards für die Aufnahme von Unter-Einjährigen in Frankfurter Kindertageseinrichtungen erarbeitet hat.
Das Buch kann im Buchhandel oder im Fahrdienst der Mainkrokodile erworben werden.
Die gespiegelte Behinderung: Gelungene Integration in Krabbelstube und Kindergarten (Bernd Niedergesäß, 2004)
Herausgeber ist die Mainkrokodile gGmbH mit einem Vorwort von Friederike Schlegel. Autoren: Manfred Gerspach, Bernd Niedergesäß, Bettina Reichmuth-Gemlich, Elke Schultheis-Schunk, Robert Trippel
„Als Kibrom, ein zweijähriger Junge mit Down-Syndrom, zu uns in die Krabbelstube kam, hatte er noch nie die Erfahrung gemacht, selbständig und mit anderen Kindern zusammen zu essen. Zu Hause war er bisher immer gefüttert worden, auf Mutters Schoß, alleine mit ihr. Dass Kibrom einmal wie die anderen Kinder essen könnte, war für Frau O. aufgrund seiner Behinderungen unvorstellbar. …“
Die Phantasien von Eltern und PädagogInnen darüber, wie sich Kinder entwickeln könnten, kann diesen Kindern Entwicklungsräume eröffenen bzw. erweitern oder sie einschränken. In den Beiträgen dieses Buches geht es um diese Phantasien von Entwicklungsmöglichkeiten von behinderten Kindern und deren Bedeutung für ihre reale Entwicklung in den ersten Lebensjahren.
Weitere Fragen sind:
- Wie wird die Entwicklung in der Familie durch die Erfahrungen im öffentlichen Bereich, z. B. in integrativen Krabbelstuben, ergänzt?
- Wie kann das Miteinander von Eltern und PädagogInnen aussehen?
- Wie können beide, behinderte und nichtbehinderte Kinder, voneinander profitieren?
- Was kann für Kinder dieser Altersstufe die Auseinandersetzung mit Anders-sein bedeuten?
- Wie können die Erfahrungen in integrativen Krabbelstuben die Integrationsprozesse in Kindergärten vorbereiten?
- Welche Bedeutung haben die Erfahrungen aus integrativen Einrichtungen (Kitas, Schulen) für die derzeitige Bildungsdiskussion?
Von Anfang an in guten Händen (Frankfurter Neue Presse, 2004)
Sachsenhausen: Deutschland ist ein Entwicklungsland – wenn es um Kinderbetreuung geht. In Nachbarländern wie Dändemark oder Frankreich ist es längst selbstverständlich, dass Mütter ihre Babys in eine Kindertagesstätte geben, auch wenn die Kleinen erst wenige Monate alt sind. Auch in Frankfurt ist die Nachfrage nach Betreuung von Kindern ab zwei Monaten gestiegen. Dem hat der Verein „Mainkrokodile“ in Sachsenahsuen bereits Rechnung getragen (wir berichteten). Nun hat der Verein neues Angebot: Die Begleitung von werdenden Eltern, sprich, während der Schwangerschaft. Bernd Niedergesäß wird gemeinsam mit seiner Kollegin Petra Hämel-Heid, Diplom-Pädagogin und Krankenschwester, mit den Eltern in spe diskutieren.
„Die Eltern-Kind-Beziehung entwsteht nicht erst mit der Geburt, sondern bereits während der Schwangerschaft“, weiß der Geschäftsführer der Mainkrokodile in Sachsenhausen, Bernd Niedergesäß. Die Vorstellungen der Eltern in der Zeit vor der Geburt berühren mehrere Themen, hat der promovierte Diplom-Pädagoge herausgefunden: das Bild ihres Kindes und dessen erhoffte oder befürchtete Entwicklung, die Entwicklung der Partnerschaft nach der Geburt, wenn dann aus zwei drei geworden sind, dass Erwachsene mit der Geburt ihres Kindes selbst Kinder von Eltern bleiben. „Und irgendwann machen alle Eltern die erstaunliche Erfahrung bei ihrer inneren und später realen Zwiesprache mit ihrem Kind, dass sie sich „…wie die eigenen Eltern anhören“, sagt Bernd Niedergesäß. Meist seien es die Eltern, die spät das erste Kind bekommen und mitten im Berufsleben stehen. Sicher gebe es Unterschiede, in welchem Ausmaß Eltern diesen inneren Widerhall zulassen, doch ist er für jene, die sich dieser Erinnerung bewusst seien, ein allgegenwärtiger und vertrauter Anteil ihrer Elternschaft. Deshalb bietet der Verein nicht nur Gesprächsrunden an, in denen die werdenden Mütter und Väter ihre Erfahrungen austuschen können, sondern später auch die Betreuung der Kinder im ersten Lebensjahr.
„Wir haben die Bedeutsamkeit der Auseinandersetzung von Eltern mit diesen Themen für sie selbst und die Entwicklung ihrer Kinder schon vor der Geburt in unserer bisherigen Arbeit während des ersten Lebensjahres der Kinder kennen gelernt. Deshalb bieten wir nun diese Begleitung schon ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft an.“ Nach der Geburt der Kinder werden daran Einzel- und Gruppengespräche anknüpfen. Diese Gespräche sollen gleichzeitig die Betreuung der Kinder ohne Eltern vorbereiten – also ein nahtloses Anknüpfen. Die reguläre Betreuung wird dann im zweiten bis vierten Lebensmonat der Kinder beginnen und zirka ein Jahr dauern. Die Kinder bleiben dann an zwei Tagen pro Woche nachmittags im Hort. „Die Erfahrungen während der Begleitung werden auch Grundlage für eine Forschungsarbeit sein“, kündigt Niedergesäß an. Den Eltern sollte auch das schlechte Gewissen genommen werden: „Sie sind keine Rabeneltern, nur weil sie Säuglinge im Alter von wenigen Monaten außer Haus betreuen lassen.“
Mit der Begleitung der werdenden Eltern soll im März oder April begonnen werden. Im Sommer könnten die Väter und Mütter ihre Säuglinge – ab dem zweiten bis vierten Monat – in den Einrichtungen der „Mainkrokodile“ abgeben. Sieben Plätze stehen nach Angaben von Bernd Niedergesäß dafür zur Verfügung. In den Sommermonaten soll auch ein Buch erscheinen: „Die ersten gemeinsamen Schritte in die Welt“, in denen die Erfahrungen geschildert werden und Wissenschaftler von verschiedenen Universitäten ihr Analysen abgeben. Dazu habe Sozialdezernent Franz Frey das Vorwort geschrieben.
Eine Elterninitiative im Jahre 1977 war der Ursprung für die „Mainkrokodile“, die inzwischen Einrichtungen in der Diesterwegstraße, in der Schifferstraße, im Großen Hasenpfad und in der Brückenstraße unterhalten. Zusätzlich gibt es in der Kleinen Brückenstraße 3 auch einen Teenieclub. Insgesamt 130 Kinder im Alter von ein bis 14 Jahren werden betreut. Seit 1986 sind auch Behinderte dabei, zur Zeit 35.
Bildungsprozesse in integrativen Einrichtungen (Bernd Niedergesäß u. Barbara Heipt-Schädel, 2004)
Eine Darstellung anhand von Beispielen aus Einrichtungen der Mainkrokodile und der Lebenshilfe
Wir werden zuerst einige für dieses Thema aus unserer Sicht wichtige Begriffe umreißen, in einem zweiten Schritt in zwei Praxisbeispielen solche Bildungsprozesse beschreiben und diese dann in einem jeweils dritten Schritt vor dem Hintergrund der Begriffe erläutern.
1. Klärung einiger für die weiteren Ausführungen wichtiger Begriffe
Nach unserer Auffassung ist Bildung – einer Setzung von Hentig (1999, S. 37) folgend – sich bilden, d.h. der Anteil, den das sich bildende Subjekt am Bildungsvorgang hat, sollte möglichst groß sein. Solche Bildungsprozesse können für uns von Geburt an beginnen (vgl. Schäfer 1999).
Für unsere Pädagogik bedeutet dies, Kindern gezielt Rahmenbedingungen zur Verfügung zur stellen, die ihre Selbstgestaltungskräfte auf bestimmt Ziele hin anregen und den Bildungsprozess unterstützend zu begleiten. Wir nehmen auf diese Prozesse also eher mittelbar Einfluss.
Bildung grenzt sich aus unserer Sicht ab, sowohl von unseren Maßnahmen der Erziehung, durch die wir das Verhalten von Kindern unmittelbar, durch Regelsetzung, beeinflussen, als auch von unserer Betreuung, die den Kindern einen schützenden beständigen und klaren äußeren Rahmen geben soll. Innerhalb dieser von Erwachsenen gesetzten Grenzen eröffnet sich der Raum für Bildung im Kindergarten.
Bildung, Erziehung und Betreuung stellen für uns daher in der Regel sich ergänzende unterschiedliche Aspekte von pädagogischen Prozessen dar.
Bildungsprozesse beziehen sich in der Regel auf mehrere Bereiche der kindlichen Entwicklung (wie die kognitive, emotionale, sprachliche, motorische und moralische Entwicklung / vgl. Völkel 2002).
Ein wesentlicher Bestandteil des Rahmens, den wir Kindern für diese Bildungsprozesse zur Verfügung stellen, besteht in den Beziehungen zu uns, als Gegenüber in einem Dialog (vgl. Hackenberg 2003, S. 4).
In integrativen Einrichtungen wie den unseren haben bestimmte Themen in Bildungsprozessen ein besondere Bedeutung, so das Thema der Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit von Fähigkeiten, das der Grenzen von Fähigkeiten, sowie das der schweren Vorhersehbarkeit von bestimmten Entwicklungsverläufen. Dies sind jedoch Themen, die zunehmend auch gesamtgesellschaftlich für Bildungsprozesse an Bedeutung gewinnen (vgl. Fthenakis 2003, S. 24ff.).
Nach diesem Abriss für die weiteren Ausführungen wichtiger Begriffe nun die Beispiele für typische Bildungsprozesse aus unseren integrativen Einrichtungen.
2. Praxisbeispiele für Bildungsprozesse aus integrativen Einrichtungen
Roswita, ein schwermehrfachbehindertes Kind von drei Jahren war nun schon einige Wochen in der integrativen Kindergartengruppe (vgl. Niedergesäß 2000, S. 135ff.). Anfangs hatten uns die anderen Kindern erstaunt und beunruhigt gefragt, warum Roswita, die genauso groß war wie sie, noch nicht laufen und sprechen könne. Wir hatten mit ihnen über die besondere Situation von Roswita gesprochen, doch diese Fragen hörten bald auf.
Nach diesen ersten Wochen gewannen neue Spiele und bestimmte neue Verhaltensweisen in der Gruppe an Bedeutung. So verhielt sich Noomi (knapp drei Jahre), wenn es ihr zu dieser Zeit nicht gut ging, wie ein kleines Baby. Sie krabbelte dann nur noch, schmiegte sich lange auf Angelas Schoß und sprach nicht. Sie deutete nur, machte „äh“ und ließ die Zunge heraushängen. An unser, in den Monaten zuvor häufig in Szene gesetztes Märchen von Schweewittchen anknüpfend, ließen sich die Kinder nun öfter als zuvor – als Schneewittchen nach den Mordversuchen durch die Stiefmutter – hinfallen. Sie waren dann tot oder verletzt, und ich musste sie verbinden, sie heilen und so wieder zum Auf(er)stehen bringen. Roswita lag bei diesen Spielen auf dem Bauch dabei und schaute mit großen Augen und bewegter Gestik zu.
Nach vielen solcher Heilungen sagte dann einmal Alia (ebenfalls knapp drei Jahre alt) ich solle auch Roswita verbinden. „Damit sie dann aufstehen kann?“ fragte ich in einer solchen Situation zurück. Alia nickte daraufhin sehr ernsthaft. Ich erklärte den Kindern, dass es noch sehr lange dauern würde, bis Roswita von alleine aufstehen und dann auch laufen könne, dass sie aber auch, wenn sie bei uns zuschauend auf dem Boden läge, sehr lebendig sei. Ich hob hervor, dass sie robbe, schaue und sich auf diese Weise von sich aus am Spiel beteilige.
Ich vermutete, dass die Kinder bei diesen Spielen weiterhin ihre große Beunruhigung thematisierten, hinzufallen und nicht mehr aufstehen zu können, wie Roswita. Ich vermutete auch Phantasien bei ihnen, dass Roswitas Zustand auf eine Attacke der bösen Stiefmutter zurückzuführen sein könnte, wie bei Schneewittchen. Doch wie im Märchen blieb da auch die Hoffnung auf ein „gutes Ende“: So ging Noomi einige Tage nach dieser Szene im Spiel mit einer Krücke (ebd. S. 136f.).
Doch nicht nur bei den Kindern, auch bei deren Eltern hatte Roswita Beunruhigung ausgelöst. Sie befürchteten, dass ihre Kinder nun nicht mehr so wie zuvor gefördert werden würden, da Roswita nun zuviel unserer Zeit in Anspruch nehmen würde, und dass ihre Kinder durch das seltsame Verhalten von Roswita angesteckt werden könnten.
Diese Szenen schildern einen Bildungsprozess, in welchem Kindergartenkinder ihre Erfahrungen mit Roswita, einem mehrfachbehinderten Mädchen mit Begleitung eines Pädagogen von sich aus thematisieren und sie nach ihnen bereits bekannten Schemata zu ordnen versuchen, diese Schemata dann angemessen erweitern (vgl. Piaget/Inhelder 1972) und Personen und Beziehungen emotional neu bewerten (vgl. Ciompi 1982, S. 226ff.).
Der vorgegebene schützende Rahmen sowie die das Spiel ordnenden Regeln (also die Aspekte der Betreuung und der Erziehung der Situation) werden in der Schilderung nicht explizit benannt, sie sind jedoch wahrnehmbarer, selbstverständlicher Hintergrund des Prozesses. Die Kinder sind bei ihrem selbst initiierten Spiel nicht allein, es ist jedoch auch nicht angeleitet. Die spürbare Präsenz des Pädagogen gibt dem Spiel der Kinder Wichtigkeit und Halt. Er lässt sich von den Kindern Rollen in ihrem Spiel zuweisen, moderiert gelegentlich den Prozess, benennt Themen, beantwortet Fragen. Auch seine unausgesprochen Gedanken und Bilder mögen zur Bildung von Gedanken und Bildern bei den Kindern beigetragen haben (vgl. Gerspach 2003).
Bei der Konstruktion der Schemata für die neuen Erfahrungen und bei deren Bewertung handeln Kinder und Pädagoge in einem gemeinsamen sozialen Prozess Lösungen aus und spiegeln sich dabei ihre Affekte. Die Aufarbeitung des Prozesses unter den MitarbeiterInnen einerseits und mit den Eltern andererseits ist Teil der Arbeit an dem Rahmen der pädagogischen Arbeit mit den Kindern.
3. „Wo ist das grüne Polster?“
Mary, ein aus Afrika stammendes, entwicklungsverzögertes 4-jähriges Mädchen, die sehr aufgeweckt, kontaktfreudig und körperlich gewandt ist, spielte in der Ruhezeit nach dem Mittagessen versonnen auf den auf dem Boden verstreuten Polstersteinen, die verschiedene Formen und Farben haben herum. In Teamsitzungen und bei der Förderplanung hatten wir darüber gesprochen, dass Mary neben großen Sprachschwierigkeiten auch Probleme mit der Symbolisierung habe, z.B. noch keinen Bezug zu Formen und Farben hat und sie oft den Gehalt und die Bedeutung von Bezeichnungen/Worten nicht verstehen kann, was sie spürt und unsicher werden lässt.
Zunächst beobachtete die Erzieherin Fr. Hahn Mary bei ihren Berührungen und Erforschungen der Polstersteine, ging dann behutsam auf sie und nahm Blickkontakt auf. Sie sprach sie an und begann ein Gespräch über ihre Befindlichkeit und ihr Tun. Mary lachte und erzählte in einer schwer verständlichen Mischsprache, derweil auf die Polster deutend. „Erzählst du mir von diesem Polster?“ und als Mary nickte „das ist das grüne Polster auf dem du liegst“ und rückte vier verschiedene Polsterelemente ein wenig auseinander und initiierte ein Such-Rate-Hüpf-Spiel, bei der sie jeweils von einem Polsterstein auf den nächsten hüpfen sollte. „Mary, zeigst du mir das grüne Polster?“ Fr. Hahn begleitete sie bei der Suche, half beim „Dranbleiben“, bis sie stolz auf dem grünen Polster stand. „Ja, das ist das grüne Polster“ und dabei Applaus klatschte. Mary war nun motiviert, sie war sich der Begleitung sicher, die Anforderung eingehen zu können bis sie „es hatte“. Es dauerte gar nicht lange, da kamen der 5-jährige Sven (nb), der 6-jährige Peter (nb) hinzu und beobachteten neugierig und aufmerksam das Geschehen und versuchten, Mary per Zuruf das jeweilige Polster finden zu helfen und dann, indem sie ihr „vorhüpften“. Dann machten sie mit und im Wechsel wurde jedem eine „Aufgabe“ gestellt, die sich je nach Möglichkeiten der Kinder im Schwierigkeitsgrad erhöhten. „Peter, zeige mir das rosa, dreieckige Polster“. Obwohl selbst das im Prinzip noch viel zu einfach für Peter war, hatte er eine große Freude daran, die sich nur aus dem Kontext der Zusammengehörigkeit der Gruppe verstehen lässt. Mittlerweile war auch Lina gekommen, ein 7-jähriges Mädchen mit schwerer geistiger Behinderung und Einschränkungen ihrer Impuls- und Bewegungskontrolle, die freudig zwischen den Polstern lief und versuchte, die Kinder von den Polstern zu ziehen. „Hey Lina, nicht, du störst“ „Was meinst denn Du, was Lina gerade möchte?“ „Weiß nicht, mich ärgern – sie zieht mich ja runter“ meinte Sven etwas unbeholfen. „Ja, das sieht so aus, aber vielleicht möchte sie einfach mitspielen?“ „Ja, aber das geht doch nicht so“. „Okay, dann zeige ich ihr es, oder willst du?“ „Nein, lieber erst Du“. So lief Fr. Hahn mit Lina von Polster zu Polster, wenn sie dran war. Unterdessen wurde das Spiel variiert, die Kinder übernahmen im Wechsel die Aufgabe, das nächste zu suchende Polster wie Marktschreier zum Finden anzupreisen. Lina hatte viel Spaß, weniger am Erkennen der Farben und Formen, sondern am Dabei-Sein, am Laufen auf den wackeligen Polstersteinen und den anderen Kindern auf dem Parcour immer wieder neu zu begegnen und sich darüber zu freuen. Mary, durch die und mit der das Spiel begann war am Ende mächtig stolz, wenn sie zunehmend sicherer die Polster fand und ihr auch von allen anderen Kindern applaudiert wurde. Peter fand es klasse, dass er Mary geholfen hatte, weitere Polstersteine heranschleppte und somit neue Ideen mit einbringen konnte, die das Spiel variierten. Sven löste Fr. Hahn bei der Begleitung von Lina ab, er fand sich toll, wenn auch er es schaffte, Lina auf das jeweilige Polster zu führen.
Thesen zum Praxisbeispiel „Bildungsauftrag im Kindergarten“
An dem eben geschilderten Beispiel lässt sich veranschaulichen, in welchem Rahmen pädagogischer Arbeit Bildung stattfindet und wie der Bildungsauftrag umgesetzt wird.
- Bildungsprozesse im Kindergarten setzen an den individuellen Entwicklungsständen der Kinder an. Mary, die zwar bereits bemerkte, dass es Unterscheidungsmerkmalen von Gegenständen ihrer Umgebung gibt, ihnen jedoch noch keine Bedeutung zuweisen konnte und in Gruppensituationen dadurch oftmals orientierungslos war, wurde in dem Beispiel in ganzheitlicher und spielerischer Weise die Unterschiede erlebbar gemacht.
- Dies setzte eingehende Beobachtungen und gemeinsame Reflexion der Fachkräfte über die Entwicklungsstände der Kinder voraus unter Einbeziehung von Beobachtungsbögen, Enwicklungsskalen und Förderplänen (in Zusammenarbeit mit den Eltern und kooperierenden Fachkräften).
- „Bildung“ – bei Mary das Vermitteln von Farb- und Formverständnis sowie die Fähigkeit, sich einzulassen und sich zu konzentrieren – wurde vermittelt auf der Basis eines Rahmens, in dem die körperlichen Grundbedürfnisse, Sicherheitsbedürfnis und Bedürfnis nach Geborgenheit sichergestellt sind. (Struktur- und Konzeptqualität)
- Die einfühlsame Kontaktaufnahme zu Mary unter Einbeziehung ihrer aktuellen Befindlichkeit eröffnete einen gemeinsamen Dialog, der in der Folge durch die Fachkraft gelenkt, Mary zum „Wissen-wollen“ , d.h. Begreifen und Verstehen wollen anregte und ihre Eigenkräfte ansprach. Mary wurde zur aktiv Handelnden und Forschenden.
- In dem Beispiel sind Aspekte des emotionalen, kognitiven, sozialen, sprachlichen und motorischen Lernens enthalten: durch die emotionale und sprachliche Begleitung der Kinder, Steigerung des Selbstwertgefühls und Motivation durch Lob und Bestätigung, Einführen von Spielregeln, Erkennen und Aushandeln unterschiedlicher Bedürfnisse und Interessen sowie der Bereitstellung von sinnlich-körperlich anregendem Material.
- Bildungsprozesse in integrativen Einrichtungen anregen bedeutet auch, für die Gruppe Situationen oder Materialien auszuwählen und anzubieten, die so vielgestaltig sind, dass jedes Kind eine Erfahrung damit machen kann – jeder lernt etwas anderes am gleichen Material / Spiel / Situation.
- Insbesondere in integrativ arbeitenden Gruppen kommt eine besondere Bedeutung der Entwicklung vielfältiger, wechselseitiger Beziehungen zwischen Kindern mit und ohne Behinderung zu, dem Erkennen von Anders-Sein und der aktiv-lernenden Auseinandersetzung im Umgang mit eigenen und fremden „Stärken“ und „Schwächen“
Literatur:
Ciompi, L., (1982), Über Affektlogik, Psyche 36, S. 226 – 266
Fthenakis, W., (2003), Zur Neukonzeptualisierung von Bildung in der frühen Kindheit,
In: Fthenakis, W., (Hrsg.) Elementarpädagogik nach Pisa, Freiburg im Breisgau, S. 18 – 37
Gerspach, M., (2003), Die Idee vom Kind und seine Behinderung, in: Niedergesäß, B., Reichmuth, B., Trippel, R., Integrative Erziehung, das behinderte Kind und die Haltung der Erwachsenen“ (Manuskript)
Hackenberg, W., (2003), Beziehungen in der Frühförderung – Konsequenzen für die Ausbildung, Frühförderung interdisziplinär, 22 Jg. S. 3 – 11
v. Hentig, H., (1999), Bildung, München, Wien, (1996)
Niedergesäß, B., (2000), Von Krokodilen und Krankenwagenfahrern, In: Werkstattgruppe familienorientierte Frühförderung (Hrsg.) Das behinderte Kind und seine Eltern, Heidelberg, Kröning
Piaget, J., / Inhelder, B., (1972), Die Psychologie des Kindes, Olten (1966)
Schäfer, G.E., (1999), Frühkindliche Bildungsprozesse, In. Neue Sammlung, S. 213 – 226
Völkel, P., (2002), Geteilte Bedeutung – Soziale Konstruktion, In: Laewen H.J. (Hrsg.) Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit, Weinheim, Berlin, Basel, S. 159 – 207
Vita:
Dr. Bernd Niedergesäß, Diplompädagoge und Kindertherapeut, Geschäftsführer des integrativen Kinderhauses Mainkrokodile in Frankfurt (Main), in dem 135 behinderte und nichtbehinderte Kinder zwischen einem und 14 Jahren betreut werden.
Barbara-Heipt-Schädel, Diplompädagogin, Fachbereichsleiterin für die Kindertagesstätten der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. in Frankfurt (Main), in der Ausbildung zur analytischen Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche.
Die Öffnung der Einrichtungen für Kinder unter einem Jahr - Ausdruck eines weitreichenden Umdenkens? (Bernd Niedergesäß, 2003)
Bei den Strukturen der Betreuungsangebote für Vorkindergartenkinder bahnt sich ein tiefgreifender Wandel an. Bei den Grundannahmen für die Pädagogik dieser Kinder vollzieht sich zur Zeit ein Umdenken. So bestreiten neuere Forschungsergebnisse einen bislang angenommenen negativen Einfluss von frühen Betreuungserfahrungen auf die besondere Beziehung der Kinder zu ihren Müttern, und relativieren darüber hinaus die herausragende Bedeutung dieser Beziehung selbst. Dies ergänzt die seit einigen Jahren gewachsene Erkenntnis von den schon von Geburt an vorhandenen Kompetenzen von Säuglingen. Auf einer Tagung in Frankfurt wurden die Konsequenzen dieses Wandels für die Praxis in den Einrichtungen und die Ausbildung von Erzieherinnen diskutiert.
Ende der 60er-Jahre hat mit der Krabbelstubenbewegung ein Umdenken in einigen Bereichen der Gesellschaft bei der Bewertung der außerfamilialen Betreuung von Kinder vor dem Kindergartenalter begonnen. Herrschte bis dahin weitgehend der Konsens, dass die stundenweise Betreuung von Kindern unter drei Jahren außerhalb der Familie gegenüber der Betreuung dieser Kinder bei der Mutter vorwiegend der Notwendigkeit mancher Familien, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung nur so miteinander verbinden zu können, geschuldet war und weniger der Überzeugung diese Form der Betreuung sei auch für die Kinder die beste Lösung, so begann sich diese Überzeugung nun zu verändern. Dass ihre Kinder möglichst früh Erfahrungen in einer Gruppe von Gleichaltrigen machen, begann für manche Eltern – unabhängig von ihrer familialen Situation – wichtig zu werden.
Trotz der sich ausweitenden Krabbelstuben- und Kinderladenbewegung in den 70er und 80er Jahren und der auch staatlichen Unterstützung neuer derartiger Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren blieben weite Kreise der Gesellschaft weiterhin skeptisch. Zahlreiche Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung stützten diese Skepsis. Dies scheint sich nun zu ändern.
Boten die weitaus meisten Krabbelstuben bis in jüngster Zeit in der Regel nur Plätze für etwa sechs Stunden an und lag das Aufnahmealter bei etwa dem ersten Lebensjahr, so begannen einige Einrichtungen ihre Öffnungszeiten in den letzen Jahren auszuweiten und auch Kinder schon in den ersten Lebensmonaten aufzunehmen. Auch bei von katholischen oder evangelischen Trägern betriebenen Einrichtungen zeichnet sich seit Kurzem ein bemerkenswerter Sinneswandel ab: die ersten konfessionellen Einrichtungen für Kinder dieser Altersgruppe wurden eröffnet und selbst kommunale Forderungen nach einem Aufnahmealter auch für Kinder ab dem Alter von acht Wochen in einem Ausschreibungsverfahren der Stadt Frankfurt am Main im Sommer 2002 akzeptiert.
Einher mit dieser Veränderung der pädagogischen Praxis vollzieht sich ein Wandel in wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. So widersprechen die Ergebnisse einer sehr breit angelegten und sehr vielfältige Aspekte berücksichtigenden amerikanischen Studie aus der zweiten Hälfte der 90er Jahre (NICHD-Studie 1997) bisherigen Ergebnissen von Studien aus den 80er-Jahren, die besagten, dass Kindertagesbetreuung für Kinder unter einem Lebensjahr sich negativ auf die besondere Beziehung von Mutter und Kind (Bindung) auswirkt und damit als schädlich für die weitere Entwicklung dieser Kinder anzusehen ist. Die NICHD-Studie kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass zwischen der Entwicklung der Bindung von Mutter und Kind und den Erfahrungen während der Tagesbetreuung kein Zusammenhang festzustellen ist.
Es ist bemerkenswert, dass sich aufgrund der Daten dieser Untersuchungen selbst nichts über die Gründe aussagen lässt, wie es zu den unterschiedlichen Ergebnissen in nur zehn Jahre auseinanderliegenden Studien kommt. Es werden bei der Diskussion der neuen Ergebnisse nur Mutmaßungen angestellt: eine Veränderung der Einstellung der Eltern als mögliche Erklärung erwogen, die ihre Kinder in eine Tagesbetreuung geben, als auch eine allgemeine Verbesserung der Standarts in Einrichtungen als mögliche Erklärung herangezogen.
Parallel zu dieser Veränderung der gesellschaftlichen Sicht auf die familienergänzende Betreuung von Kindern unter einem Jahr beginnt sich – im Spiegel von Forschungsergebnissen – auch die Sicht auf die Bindung von Kindern zu ihren Müttern (bzw. Hauptbezugspersonen) zu verändern. Seit den ersten Forschungen von Bowlby nach Ende des 2.Weltkrieges ging man davon aus, dass die besondere Beziehung des Kindes zu seiner Mutter also zu einer – oder evtl. darüber hinaus zu wenigen anderen Personen – von grundlegender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Kindes ist. Seit einigen Jahren beginnt man nun anzunehmen, dass ein Netzwerk von Beziehungen (das kleinste Netzwerk stellt die Dreiecksbeziehung Vater-Mutter-Kind dar) diese Bedeutung einnimmt. Das Neue daran ist, dass innerhalb dieses Bindungsnetzwerkes nicht nur die jeweilige Beziehung des Kindes zu nun mehreren Personen, sondern darüber hinaus auch die Qualität der Beziehungen der Personen untereinander als bedeutsam für die sich in diesem Rahmen entwickelnden Bindungen des Kindes angesehen werden (vgl. ). Die Fähigkeit von Erwachsenen, Bindungen bestimmter Qualität zu Kindern einzugehen, wird dabei als abhängig von den eigenen Bindungserfahrungen als Kind angesehen.
Verfolgt man diese Perspektive weiter, so ist anzunehmen, dass zu diesem Bindungsnetzwerk nicht nur die bedeutsamen Angehörigen des familialen sondern oder auch die des außerfamilialen Netzwerkes, wie z.B. der Betreuungseinrichtung des Kindes gehören können, das sind neben den dort arbeitenden Erzieherinnen auch die anderen Kinder der Gruppe (sowie im weiteren auch deren Eltern).
In einer dritten Hinsicht hat sich in den letzten Jahren die Wahrnehmung von Kleinstkindern radikal verändert. Prägte dieses Bild bis in die 70er-Jahre deren Passivität in den ersten Lebensmonaten und ihre Angewiesenheit auf Erwachsene, die den von ihnen unabdinglich benötigten Reizschutz garantieren, so zeigen die Ergebnisse der Säuglingsforschung aus den letzten 20 Jahren, dass Säuglinge offen sind für Lernprozesse von Geburt an und schon mit vielfältigen Kompetenzen ausgestattet, die sie zu einer differenzierten Beziehung mit den Personen in der Familie befähigen aber auch schon zum Umgang mit Gleichaltrigen in der Gruppe (vgl. Rauh 1984). Trotz zahlreicher Erkenntnisse der vergangenen Jahre zeichnet sich dieses neue Bild erst in Konturen ab, wird z.T. überzeichnet – wie immer, wenn ein altes Bild von einem neuen abgelöst wird. Neben den früher übersehenen Kompetenzen von Geburt an, werden nun z.T. die Grenzen dieser Kompetenzen noch nicht im angemessenen Maße gesehen.
Darüber hinaus hat die Diskussion um die Konsequenzen dieses neuen Bildes für die pädagogische Praxis kaum begonnen. Deshalb trifft „neue“ Öffnung der Tagesbetreuung für Kinder unter einem Jahr vor dem Hintergrund dieser neuen Erkenntnisse die ErzieherInnen vor Ort, welche die Entscheidung ihrer Träger umsetzen sollen, unvorbereitet. Denn diese neuen Erkenntnisse sind noch nicht oder noch nicht in ausreichendem Maße von Bedeutung im Rahmen ihrer Ausbildung. Diese Situation bedeutet somit für die pädagogische Praxis, die Forschung aber auch die Ausbildung eine neue Herausforderung.
Erschienen in der TPS 6/2003, S. 39-41
Die Kinderladenbewegung - ihre Wurzeln, ihre Geschichte, ihre heutigen Ziele (Bernd Niedergesäß, 2003)
Im Aufbruch der Jahre nach 1968 begannen Eltern und PädagogInnen nach neuen Werten und dazu passenden Strukturen für die Erziehung von Kindern zu suchen und gründeten die ersten Kinderläden und Vereine als deren „frei-gemeinnützige“ Träger. Diese damals oft schillernd und exotisch auf ihre Umgebung wirkenden Projekte gibt es z.T. noch heute – ihre Zahl ist gewaltig gewachsen. Äußerlich unterscheiden sich diese Projekte heute zumeist nur noch wenig von kommunalen und konfessionellen Einrichtungen. Es soll im folgenden nach den damaligen Zielen der Kinderläden gefragt werden und in welchem Bezug ihre heutige pädagogische Alltagspraxis zu den damaligen Zielen steht.
Die ursprünglichen Visionen der Kinderladenbewegung der 70-iger und 80-iger Jahre prägen trotz der seitdem erfolgten Veränderungen bis heute im unterschiedlichem Maße die pädagogische Praxis und die Struktur vieler damals entstandenen, heute noch existierenden Einrichtungen sowie ihrer Träger. Die Grundlage der Motivation vieler Initiatoren von Kinderläden war, sich am Ende der 60-iger Jahre für eine neue Ordnung der Gesellschaft einzusetzen, das Leben nach einem neuen Menschenbild auszurichten, neue Formen des Zusammenlebens z.B. in Wohngemeinschaften zu erproben und ihre Kinder nach neuen Maßstäben, in einem neuem Rahmen zu erziehen. Sie taten dies in Auseinandersetzung mit und in Abgrenzung von der jüngsten Vergangenheit, der Welt ihrer Väter und Mütter. Es war die Auseinandersetzung vieler Menschen mit der Unterdrückung vieler Völker im 2. Weltkrieg durch das damalige Deutsche Reich, dem Tod von Millionen von Menschen in Krieg und Vertreibung, der fabrikmäßigen Ausrottung von Juden, von Sinti und Roma sowie von Behinderten, der Verbrechen der Wehrmacht im Osten Europas. Dies war in vielen deutschen Familien totgeschwiegen worden, in denen die persönliche Mitschuld der Väter und das Stillschweigen der Mütter nie hatte zum Thema werden dürfen. Der neokoloniale Krieg Amerikas in Vietnam war der Hintergrund, der diese Empfindungen und Bestrebungen damals wieder in aktuelle Bezüge stellte.
Ziel dieser Auseinandersetzung und der angestrebten gesellschaftlichen Veränderungen war es, den als Ursache dieser „Erscheinungen“ angesehenen Grundwiderspruch des Kapitalismus, den Antagonismus von Kapital und Arbeit, von Kapitalisten und Arbeitern, zugunsten der letzteren zu „lösen“. Der angestrebten Veränderung der Gesellschaft mit der Zielsetzung des Stellens der Machtfrage, also der bewaffneten oder unbewaffneten Eroberung der Macht, ging eine Bewegung einher, die das parallele Ziel hatte, im Herzen des Kapitalismus diese Gesellschaft durch alternative Lebensformen, im Hier und Jetzt, von Innen heraus zu zersetzen.
Ein Ansatzpunkt war es, den als unlegitimiert, von den Fähigkeiten der Beteiligten als ungerechtfertigt, starr und untransparent empfundenen Rollenaufteilungen zwischen Männern, Frauen und Kindern im privaten Bereich als auch den hierarchischen Rollen im öffentlichen Bereich eine Praxis eines gelebten alternativen, egalitären Verständnisses von Beziehungen zwischen Menschen in allen Bereichen gegenüberzustellen.
Die Vorstellung vom (bürgerlichen) Individuum wurde als ein Abstraktum angesehen, dem die Vorstellung des Menschens in ihren gesellschaftlichen und geschichtlichen Bezügen als Konkretum gegenübergestellt wurde. Verstanden werden konnte – aus dieser Sicht – das individuelle Denken, Fühlen und Handeln von Menschen (von ihnen selbst und von anderen) nur im Kontext seiner momentanen gesellschaftlichen Bezüge und seiner (individuellen und kollektiven) Geschichte.
Dies bedeutete, dass (alle) Menschen entfremdet leben, solange sie nicht diesen gesellschaftlichen und geschichtlichen Kontext kennen und ihn aktiv mitgestalten, sondern ihm nur passiv ausgesetzt sind und er nur von einigen anderen gestaltet wird. Diesen Entfremdungszusammenhang aufzuheben, war Ziel der politischen Kampfes aber auch der täglichen Lebenspraxis, beim Zusammenwohnen, Lieben und „Erziehen“.
Die Annahme der Bereitschaft und Fähigkeit, ja des dringenden Verlangens aller Menschen ein nichtentfremdetes Leben zu führen war eine Grundlage dieses Menschenbildes. Ein materielles Interesse, diesen Entfremdungszusammenhang für die meisten aufrechtzuerhalten hatten nur die wenigen Nutzniesser von diesem, die es zu bekämpfen und die es zu entlarven galt, alle anderen waren von ihren „eigentlichen“ Interessen und ihrem noch „falschem“ Bewußtsein zu überzeugen.
Die Familie wurde als die Lebensform angesehen, die mit ihren unhinterfragten Rollen eine wesentliche Basis der Reproduktion dieser Entfremdungszusammenhänge darstellte. Der Ort der Selbstverwirklichung, der Produktion und Reproduktion war dagegen die frei gewählte Gruppe, in der ein herrschaftsfreies und nichtentfremdetes Leben praktiziert werden sollte. Die Aufteilung dieser Bereiche wurde als ein Ausdruck dieses Entfremdungsprozesses, als von außen bewusst gesteuerte Zerstückelung erlebt und es wurde versucht, sie aufzuheben. Menschen, die zusammen wohnten, versuchten auch zusammen zu arbeiten in Produktionsgemeinschaften (z.B. der ASH, der Anstreichertruppe „Schlaffer Pinsel“, in den vielen Landkommunen). Herrschaftsfrei hieß, daß alle Rollen einer ständigen Kritik standhalten mußten, situativ immer wieder neu hinterfragt und definiert wurden. Dies betraf damit auch die Rollen als Freund/in, Geliebte/r und Mutter/Vater/Kind.
Für die Kindererziehung (schon dieser Begriff ist den damaligen Gegebenheiten sehr unangemessen) hieß dies, daß die Kinder der Gruppe gemeinsam aufwuchsen bzw. für sie ein Gruppenzusammenhang, z.B. in angemieteten Läden, geschaffen wurde. Die an diesem Prozess dort Beteiligten (Eltern, Betreuer, Kinder) einte das Ziel, in einem herrschaftsfreien gemeinsamen Prozess die Grundlage für ein nichtentfremdetes Aufwachsen von Kindern zu schaffen. Trotz individuell unterschiedlicher Fähigkeiten und Bedürfnisse, waren alle Beteiligten in ihren formalen Rechten gleich. In Aushandlungs- und Überzeugungsprozessen sollten tragbare Kompromisse gefunden werden („und wenn ein Kind seine Zähne nicht putzen will, muß etwas dran sein und ist sicher o.k.“).
Diese – mehr oder minder bewussten – Vorstellungen wurden in vielen Lebensläufen und Projekten, meist in Mischformen aus – wie oben beschrieben – idealtypischen und eher traditionellen Anteilen umzusetzen versucht.
Die Erfahrungen der vergangenen 30 Jahre zeigen, dass die Rollen von Männer und Frauen durchlässiger und offener wurden. Die abgelehnten Rollenmuster erwiesen sich jedoch als resistenter und ihre menschheitsgeschichtliche Verankerung tiefer als anfangs erhofft. Auch erwies sich die eigene Bequemlichkeit, sich auf die tradierten Rollen wieder zurückzuziehen – anfangs nur manchmal und dann immer öfter – oft auch im Erkennen mancher Vorteile die sie boten – größer, als zuerst angenommen. Damit versuchte man auch, dem mühsamen, stetig neuen Aushandeln der Rollen zu entgehen. Das Verhalten, Denken und Fühlen von Männern und Frauen erwies sich im Laufe der Jahre in dem Prozess eines widersprüchlichen Aufeinanderzugehens und doch Fremdbleibens wie als zwei unterschiedlichen Kulturen angehörig, für die jeweilig andere Gruppe interessant und spannend, doch nur begrenzt zugänglich. Es scheinen – auch beim Versuch des/der Anderen, sich umfassend einzulassen – unauflösbare Geheimnisse zu bleiben, auf die sich die Spannung der Geschlechter begründen mag.
Die Kinder erwiesen sich in diesem Prozess des Aushandelns von Rollen und von Lösungen für unterschiedliche Bedürfnisse maßlos überfordert. Sie signalisierten ihren Wunsch nach der Sicherheit von situativ angemessenen Vorgaben von Erwachsenen, denen sie sich anvertrauen und die sie auch manchmal für ihre oft als unbequem, ungerecht oder unangemessen empfundenen (richtigen und falschen ?) Entscheidungen blöd finden dürfen. Es waren eher die Erwachsenen, die in ihrer Auffassung, die Kinder als gleichberechtigte Partner im Dialog ernst zu nehmen, von dieser Reaktion ihrer Kinder äußerst irritiert waren und nur sehr zögerlich bereit waren, ihnen die als gleichberechtigten Dialogpartnern aufgebürdete Verantwortung für die gemeinsame Beziehung wieder – teilweise – abzunehmen. Es war für die Erwachsenen ein schwerer Weg, sich damit auseinanderzusetzen, daß Erziehung Ausübung von Herrschaft bedeutet, daß diese Herrschaft aber auch anders ausgeübt werden kann, als sie dies zumeist von ihren Eltern gewohnt waren: ausgewogen und transparent. Dies bedeutet eine Beteiligung der Kinder an Entscheidungen soweit als möglich, Anerkennung und Ertragen von Abhängigkeiten, deren Kehrseite Geborgenheit und Sicherheit bedeutet, die Verantwortung für alters- und situationsangemessene Grenzen durch die Erwachsenen, die Sicherheit aber auch schmerzliche Kränkung für die Kinder bedeuten (können), die von ihnen gefühlt werden darf und deren oft wuchtige Reaktion die Erwachsenen ertragen können müssen und dürfen. Die „gleichberechtigten“ Beziehungen der am Erziehungsprozess im Kinderladen beteiligten Erwachsenen erwies sich zumeist als schwierig. Im Rahmen des „bürgerlichen“ Vereinsrechts übernahmen die Eltern der Kinder „formal“ die Arbeitgeberfunktion und die anderen mit der Erziehung der Kinder ihren Lebensunterhalt verdienenden Erwachsenen waren „formal“ Arbeitnehmer. Es erwies sich im Konfliktfall sehr oft, daß aus der formalen Rolle sehr schnell auch (wieder) die tatsächliche Rolle wurde. Da es unter Gleichberechtigten selbstverständlich keinen Arbeitnehmerschutz gab (wie im realen Sozialismus keine funktionierenden Gewerkschaften) und Verträge usw. (im Jargon der damaligen Zeit) „eh als bürgerliche Scheiße“ galten, waren die ErzieherInnen einerseits der Willkür ihrer Arbeitgeber schutzlos ausgesetzt. Doch auch umgekehrt erwarteten viele ErzieherInnen von Eltern und KollegInnen größte Rücksicht auf ihre persönlichen Bedürfnisse und individuellen Besonderheiten. „Von sozial denkenden Menschen konnte man das ja erwarten, schließlich waren ja wir alle vom Kapitalismus deformiert“. Die formale Gleichheit bei tatsächlicher Ungleichheit bedeutete dann oft „himmelschreiende“ Ungerechtigkeit. Es erwies sich so im Laufe der Jahre, daß nicht alle aufgrund ihres gesellschaftspolitischen Engagements die gleiche Fähigkeit oder die Bereitschaft hatten, für das Gesamte oder einzelne Bereiche die Verantwortung zu übernehmen. Da es auch unter den Eltern keine fest geschriebenen Regeln und Rechte gab, gestalteten sich deren Beziehungen untereinander nach dem „Gesetz der Prärie“ auf den oft sehr häufigen Elternabenden: der Durchsetzungsfähigste und Ausdauerndste hatte bei den Diskussionen „die besten Karten“. Zudem erwies sich oft der Gruppendruck auf Einzelne mit abweichender Meinung als sehr groß und unerbittlich. Auch nach außen wurde diese Vorstellungen mit wenig Toleranz gegenüber abweichenden Vorstellungen vertreten. Diese Erfahrungen führten im Laufe der Jahre zur Etablierung von formalrechtlich abgesicherten Beziehungen zwischen Eltern und MitarbeiterInnen in den Kinderläden und zu einer hierarchischen Aufgabenteilung unter den MitarbeiterInnen und – in einem weitgehend abgeschlossenen Prozess – zur Übergabe der Arbeitgeberfunktion der Eltern an dafür ausgebildete Hauptamtliche. Doch die Tradition, daß die Entscheidungen gemeinsam unter formal Gleichen getroffen werden, setzt sich in vielen Einrichtungen der frei-gemeinnützigen Träger in den Teamleitungen fort, die dort im überwiegenden Maße immer noch bestehen. Doch gehören diese heute zum mittleren Management und leiten nicht mehr die gesamte Einrichtung nach diesem Modell alleine. Dies bedeutet also einerseits Verantwortung zu übernehmen, aber auch andererseits Abhängigkeit zu erfahren. Der Teamleitung ist die Trägervertretung übergeordnet – ebenso in der Spannung zwischen Verantwortung und Abhängigkeit (gegenüber Vorständen und Kostenträgern) – manchmal immer noch zur Kränkung der MitarbeiterInnen.
Die Bereiche sind also wieder gegeneinander abgegrenzt, aber bis zu einem gewissen Maße transparent nach außen. Es gibt aber wieder Geheimnisse voreinander, verbürgte Schutzräume, die nach außen hin nicht zugänglich sind (z.B. die Supervision). Die Rechte der Einzelnen oder einzelner Bereiche wurden fest geschrieben und geschützt. Die Philosophie der Getrenntheit hat nun den Namen „professionelle Distanz“. Die (heute zum Teil unterschiedliche und – gemessen am Ausbildungsniveau und der Verantwortung – weiterhin geringe) Bezahlung hängt auch in den Kinderläden wieder mehr von dem Ausmaß der Verantwortung ab, die Einzelne für das Gesamte zu übernehmen bereit und in der Lage sind. Dabei kommt es den PädagogInnen oft weniger auf die materiellen Unterschiede an, sondern eher auf die für ihre Tätigkeit angemessene Wertschätzung, die sich in der Differenzierung der Bezahlung ausdrückt. Dieser noch nicht abgeschlossene Wandel hat sich allmählich vollzogen. Er verbindet sich jedoch mit den einschneidenden Bildern einer Zäsur: des Zusammenbruchs des realen Sozialismus, also des Endes einer Epoche, die in einem Teil der Welt von Strukturen geprägt war, die auf die Fähigkeit und Bereitschaft aller Menschen zur Solidarität und des Zurückstellenkönnens des Eigeninteresses zu Gunsten des Gemeinwohls zugeschnitten waren. Der sich in den letzten 30 Jahren vollzogene Wandel in den Einstellungen, Werten und Strukturen in den Kinderläden bedeutet eine Abkehr von einem manichäischen Weltbild, das strikt unterscheidet zwischen einem nur auf das Eigeninteresse der Einzelnen bezogenem Denken, Verhalten und Fühlen – das mit Kapitalismus assoziiert wird – und einem vorwiegend an dem Gemeininteresse orientiertem Denken, Verhalten und Fühlen, das mit Sozialismus assoziiert wird. Diesem eher klaren, strahlenden Entweder-oder-Wertesystem hat die Praxis in den Kinderläden – auf dem Hintergrund einer ebensolchen allgemeingesellschaftlichen Entwicklung – ein Sowohl-als-auch-Wertesystem gegenübergestellt, weniger strahlend, dafür aber vermutlich den Möglichkeiten von heutigen konkreten Menschen eher gerecht werdend. In diesem System stehen sich Egalität und Unterschiedlichkeit nicht mehr unvereinbar gegenüber, sondern machen in ihrer für jeden Menschen unterschiedlichen Verschränkung dessen Spezifität aus. Nichtentfremdung bedeutet in diesem Rahmen, neben den einforderbaren Rechten für die Gruppe und die Einzelnen, die Gründe für Abhängigkeiten erfragen und erfahren und die Kränkung darüber spüren zu dürfen.
Dieses in den Kinderläden heute praktizierte Menschenbild und der darauf basierende Wertekanon bilden nach meiner Meinung die Grundlage für die gemeinsame Identität der pädagogischen Arbeit in den Kinderläden der frei-gemeinnützigen Träger:
- ein Bild des Menschen, das am Eigeninteresse aber auch am Gemeinwohl orientiertes Denken, Handeln und Fühlen miteinander verbindet, das für möglich hält, daß Menschen abhängig von den Rahmenbedingungen ihres Lebens sowohl zu „Dachau“ aber auch zu „Weimar“ fähig sind und daß Menschen diese beiden Möglichkeiten in sich spüren und den verantwortungsvollen Umgang damit erlernen können,
- die offenen, aber traditionsverwurzelten Rollen von Mann und Frau,
- die Vorstellung von verbindlichen Beziehungen in derFamilie, in der tiefgehende Gefühlsbeziehungen gelebt werden können, die aber nicht mehr unaufkündbar ist,
- von einer Kindheit, die einerseits Schutzraum und damit auch Abhängigkeit bedeutet, aber auch Fähigkeits-angemessene Mitgestaltungsrechte beinhaltet,
- der großen Bedeutung der Gruppe als von der Familie unabhängigen Sozialisationsraum für Kinder aber auch als Rahmen für die Arbeit der MitarbeiterInnen,
- einer Professionalität von Arbeit und der Beziehungen aller am Erziehungsprozess Beteiligten, was transparente Rechte aber auch Abhängigkeiten bedeutet,
- der Bedeutung von solidarischem Handeln und der Übernahme von Verantwortung für die Welt, in der wir leben, je nach individuellen Fähigkeiten,
- Offenheit für Andere (Ausländer, Behinderte), die in ihrer Unterschiedlichkeit zu uns selbst bereichernd aber auch befremdend erlebt werden dürfen.
Erschienen mit geringfügigen Änderungen in „Der pädagogische Blick“, 01/2004
Vita:
Dr. Bernd Niedergesäß, Diplompädagoge und Kindertherapeut, Geschäftsführer des integrativen Kinderhauses Mainkrokodile, in dem 135 behinderte und nichtbehinderte Kinder zwischen einem und 14 Jahren betreut werden. Die Mainkrokodile haben ihre Anfänge 1977 und sehen sich in der Tradition der Kinderladenbewegung.
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Paten für die Mainkrokodile - Sheraton Hotel unterstützt integrative Kinderbetreuung (Nachrichten Parität, 2003)
Paten für die Mainkrokodile – Das Frankfurter Sheraton Hotel unterstützt integrative Kinderbetreuung (Parität 01/2003)
Mit einer Krabbelstube und fünf Kindern fing es 1977 an – inzwischen haben die Mainkrokodile mächtig Zuwachs bekommen. Im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen betreut die gemeinnützige GmbH in neun Gruppen 135 Jungen und Mädchen im Alter von einem bis 15 Jahren. 35 dieser Kinder und Jugendlichen haben eine Behinderung. Das jüngste Projekt der Mainkrokodile ist der Teenie-Hort für 10- bis 14-Jährige. Zu diesem soll bald auch ein Cafe gehören, das für Jugendliche aus dem Stadtteil offen ist. Dieser gastronomische Mini-Betrieb ist es, der den Mainkrokodilen für das Frankfurter Sheraton Hotel einen ganz besonderen Reiz als Kooperationspartner verleiht. „Wer in der heutigen Zeit nicht sozial tätig ist, hat etwas verschlafen“, sagt Catherine Ludwig, PR-Managerin des Sheraton Frankfurt. „Klar wir möchten auch an die Presse gehen oder unseren Kunden beim Sonntagsbrunch zeigen, dass wir uns sozial engagieren.“ Aber genauso wichtig sei es, dass Beschäftigte und Gäste des Hotels sich mit der Patenschaftsaktion identifizieren. Seit mehreren Jahren beglückt das Hotel seine Kundschaft nicht mehr mit Geschenken, sondern mit hübschen Weihnachtskarten, deren Motive von kleinen Mainkrokodilen stammen. Das gesparte Geld – mehrere tausend Euro pro Jahr – spendet das Hotel dem gemeinnützigen Verein, der es unter anderem gut für den Kauf eines behindertengerechten Transporters gebrauchen konnte. Doch die Paten lassen nicht nur Geld springen, sie schenken ihren Patenkindern auch Zeit. Sie laden sie ins Hotel ein, zeigen ihnen den Betrieb und organisieren eine Besichtigung des Frankfurter Flughafens, basteln in den Räumen der Haustechnik mit ihnen Holzketten oder laden zum Waffel- und Plätzchenbacken in die Hotelküche ein. „Als großes Unternehmen haben wir viele Anfragen nach Spenden“, betont Ludwig. Aber hier und da ungezielt etwas zu spenden, helfe nur kurzfristig. „Wir wollen einen anderen Weg gehen, indem wir hier in der Nähe eine soziale Einrichtung kontinuierlich unterstützen.“ Gelegenheit den Mainkrokodilen zu helfen, gibt es bei der Einrichtung des Teenie-Cafés. Das Hotel spendet Geschirr und Besteck und ist bereit, den Jugendlichen einen Schnell-Kursus in gastronomischen Fertigkeiten zu bieten. Bei unserer Kooperation mit dem Sheraton Hotel geht es wirklich um soziale Kontakte“, sagt Dr. Bernd Niedergesäß, Geschäftsführer der Mainkrokodile. „Wir stellen gegenseitig ein Lernfeld für den anderen dar. Das ist der wichtigere Gesichtspunkt als Geld.“ Jeder der Beteiligten versuche über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, sich auf eine Beziehung mit dem Gegenüber einzulassen. „Das ist weit mehr, als sich nur mal gegenseitig zu Sommerfesten einzuladen“, sagt Niedergesäß. Für die Hotelmanager sei es interessant zu sehen, wie im sozialen Bereich mit Problemen umgegangen werde und welches Know-how es dort gebe. „Deren Berufsalltag ist ja ganz anders, die haben eine andere Denke und setzen die Prioritäten ganz anders“, so der Mainkrokodile-Geschäftsführer. „Im sozialen Bereich redet man aus professioneller Sicht mehr über Gefühle. Und es ist spannend zu erleben, wie wir mit unseren unterschiedlichen Erfahrungen und der Art, Probleme zu lösen oder mit alltäglichen Anforderungen umzugehen, zusammen kommen. Das Sheraton-Team sei sehr offen, sich mit dem Thema Behinderung auseinander zu setzen, hat Niedergesäß beobachtet. Und ihm sei aufgefallen, dass so ein riesiges Hotel auch seine „Integrationsprobleme“ habe: „Der Hotelbereich ist ja multikulturell, da müssen Leute aus den unterschiedlichsten Ländern miteinander kooperieren.“ Mehr über den Arbeitsalltag im Hotel erfahren jetzt auch einige Erzieherinnen und Erzieher der Mainkrokodile, die sonntags beim Brunch im Sheraton gegen Bezahlung die Kinderbetreuung übernehmen. „Das läuft dann auf privater Ebene“, betont Bernd Niedergesäß. „Aber wir erstellen hier bei den Mainkrokodilen den Dienstplan und garantieren „Betreuungszeiten.“
Hauptsächlich Spenden vom Mittelstand
Seit 1999 können die Mainkrokodile bei Kindern vom Krabbelstuben- bis zum Hortalter mit einer Regelfinanzierung rechnen. Diese schafft die finanzielle Basis. Dennoch sind Spenden ein wichtiger Faktor. „Ohne sie ginge es uns schon schlechter, aber unser Projekt würde nicht zusammen brechen“, sagt der Geschäftsführer. Das große Sheraton ist im Spenderkreis der Mainkrokodile eher eine Ausnahme: „Es ist hauptsächlich der Mittelstand, der uns unterstützt, kleine Geschäfte im Stadtteil, die sich engagieren.“ Dementsprechend habe sich für die Mainkrokodile auch noch nicht die Frage gestellt, ob sie eine Spende ablehnen, weil der Spender nicht zu ihnen passt. „Es ist für uns selbstverständlich, keine faulen Kompromisse einzugehen“, sagt Bernd Niedergesäß. „Aber wir stehen zu dem Satz: Tue Gutes und rede darüber.“ Am Anfang der Kinderladenbewegung seien die Ängste, korrumpiert zu werden, sicher größer gewesen. „Aber wir erziehen unsere Kinder ja nicht im Elfenbeinturm, sie müssen in dieser Welt zurechtkommen.“ Dennoch gibt es für die Mainkrokodile klare Grenzen: Wir würden auf unser Sozialmobil, mit dem wir die Kinder tranpsortieren, keinesfalls Zigaretten- oder Alkoholreklame kleben, nur weil uns das Geld bringt.“
Geld für das Pflegepersonal fehlt noch (Frankfurter Rundschau, 2002)
Das Geld für das Pflegepersonal fehlt noch — Die Mainkrokodile eröffnen im ehemaligen Palais Jalta in Sachsenhausen den ersten integrativen Teenie-Hort Frankfurts (Artikel von Martin Hampel in der Frankfurter Rundschau 20.6.2002)
SACHSENHAUSEN.Auf etwa 350 Quadratmetern werden zwei Gruppen betreut. Eine besteht aus Kindern, die in die Klassen 1 bis 4 gehen. In der anderen Gruppe sind zehn- bis 15-Jährige, die den integrativen Teenie-Hort besuchen, erklärt Bernd Niedergesäß, Geschäftsführer der Mainkrokodile. Von den 20 Kindern der neuen Gruppe sind sechs behindert. Der Teenie-Hort funktioniert auf „Modulbasis“, das heißt, dass nicht alle Kinder der Gruppe an jedem Tag kommen. Zudem können alle Angebote der Mainkrokodile wie etwa Mittagessen und Hausaufgabenhilfe auch einzeln in Anspruch genommen werden. „So können wir der Eigenständigkeit der Heranwachsenden Rechnung tragen“, so Niedergesäß. Künftig soll der Teenie-Hort an einem Tag in der Woche auch für andere Kinder des Stadtteils geöffnet werden, zum Kaffeenachmittag können die Mitglieder der Gruppe dann ihre Freunde mitbringen.
Bei der Eröffnung lobte Willi Preßmar vom Stadtschulamt die Einrichtung, die „Qualitätsbewusstsein und Leistungsfähigkeit der Mainkrokodile“ ausdrücke. Auch Franco Esposito, Resident Manager der Hotelkette Sheraton, die mit den Mainkrokodilen seit zwei Jahren kooperiert, war gekommen. Die Mainkrokodile haben sich in seinen Augen „toll“ entwickelt. Außer finanziellen Hilfen könnten die Kinder im Sheraton auch hinter die Kulissen blicken. In Zukunft können eventuell auch Besucher des Teenie-Horts Praktika in den Hotelbetrieben Sheraton machen.
Geschäftsführer Niedergesäß warnte vor Rückschritten bei der Integration behinderter Kinder. In Vorgesprächen zwischen dem städtischen Gesundheitsamt und den Mainkrokodilen über die Betreuung der behinderten Kinder in der Gruppe sei die Frage der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Kinder behandelt worden. Über die Rechtsabteilung der Stadt sei die Antwort gekommen, dass Katheter der behinderten Kinder nicht vom pädagogischen, sondern von Pflegepersonal gewechselt werden müssten.
Was bislang eine Grauzone war, „ist jetzt ein Straftatbestand“, so Niedergesäß. Da die Mainkrokodile aber nicht das Geld für Pflegepersonal hätten, sei die Betreuung und die Integration von behinderten Kindern mit Erkrankungen, die etwa einen Katheter erforderlich mache, gefährdet. Deshalb fordert Niedergesäß ein finanzielles Modell, dass die Integration aller behinderter Kinder ermögliche.
Neues Leben im Palais Jalta (Frankfurter Neue Presse, 2002)
Neues Leben im Palais Jalta (Artikel von Stefanie Heil in der Frankfurter Neuen Presse am 18.6.2002)
ACHSENHAUSEN. Wo in der Vergangenheit die Kultur Osteuropas vorangetrieben wurde, toben jetzt bis zu 40 Kinder und Jugendliche. Im ehemaligen Palais Jalta in der Kleinen Brückenstraße haben die Mainkrokodile ein neues Kinderhaus eingerichtet. Obwohl der Betrieb schon seit Februar läuft wurde die Eröffnung erst gestern gefeiert – denn erst jetzt sind alle Umbau- und Einrichtungsarbeiten abgeschlossen.
„Vor 13 Monaten war das hier noch ein überdachter Hof“, sagte Willi Preßmar. Er ist im städtischen Schulamt für die Entwicklungsplanung und Förderprogramme für Kindertagesstätten zuständig und war gestern in Vertretung von Schuldezernentin Jutta Ebeling gekommen. Preßmar erinnerte sich daran, dass sich zahlreiche Eltern für diese weitere Einrichtung stark gemacht hatten, indem sie Briefe ans Schulamt schickten.
„Die Lücke bei Hortplätzen im Einzugsgebiet der Textorschule ist jetzt kleiner geworden, aber sie ist immer noch da“, sagte Bernd Niedergesäß, Geschäftsführer der Mainkrokodile. Die gemeinnützige GmbH ist Träger des Kinderhauses und betreut in verschiedenen Sachsenhäuser Einrichtungen insgesamt 130 Jungen und Mädchen.
Etwa 250.000 Mark mussten für das Kinderhaus aufgebracht werden, den Großteil hat das Stadtschulamt übernommen. Auch dessen monatlichen Aufwand für die laufenden Kosten nannte Niedergesäß noch in der alten Währung: etwa 900 Mark pro Kind.
In dem Haus werden nachmittags zwei Gruppen betreut, die jeweils maximal 20 Kinder beziehungsweise Jugendliche aufnehmen. Die Hortgruppe für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren hat drei Plätze für Behinderte, im Teenieclub für 10- bis 15-Jährige können fünf bis sieben Behinderte integriert werden. Wer sein Kind in der Teeniegruppe anmeldet, kann einzelne Module wählen: Das heißt, dass die Jugendlichen nur an einzelnen Tagen in die Einrichtung kommen.
Die Integration behinderter Kinder ist ein Standbein des pädagogischen Konzepts. „Das betrifft sowohl die positive als auch die schwierige Seite“, erklärt Niedergesäß in Bezug auf das Zusammenleben von Behinderten und Nicht-Behinderten. Als zweiten Schwerpunkt nannte er die psychoanalytische Pädagogik, bei der auch auf nicht-verbale Äußerungen der Kinder geachtet werde. Die Erzieher erhalten dafür fachliche Beratung.
Die Kinder werden in die Planung des Programms miteinbezogen. Einmal pro Woche setzt sich die Gruppe dafür zusammen. „Die Kinder und Jugendlichen können sagen, was sie gerne machen möchten. Außerdem werden Regeln besprochen“, erklärte Niedergesäß.
Eine Schwierigkeit sieht der Geschäftsführer bei der Integration der Behinderten: Aus juristischen Gründen, so teilte ihm das Stadtschulamt mit, dürften Erzieher die Behinderten nicht pflegen. Das mit dem Gesundheitsamt ausgearbeitete Konzept, die Erzieher von Fachkräften anlernen zu lassen, wurde abgelehnt. Das erschwere die Betreuung Behinderter. Bisher sei dieses Terrain eine rechtliche Grauzone gewesen.
Je drei Erzieher und ein Zivildienstleistender sind für eine Gruppe da. Sie führten gestern die Besucher durch das Haus mit seinen 350 Quadratmetern Fläche. Zu den Gästen gehörten Mitarbeiter, Vertreter der Eltern und der Ämter sowie eine Gruppe des Sheraton-Hotels. Die Kette unterstützt die Mainkrokodile. „Es ist toll, mit welcher Leidenschaft sie diese sensible Thematik angehen“, lobte Franco Esposito, stellvertretender Direktor des Sheratons am Flughafen, Integrationsarbeit.
In der Gruppe der 6- bis 10-Jährigen sind übrigens noch Plätze für nicht-behinderte Jungen und Mädchen frei. Die Kleinen werden täglich von 11.30 bis 17 Uhr betreut, die Älteren von 12 bis 17 Uhr, montags und freitags bis 18.30 Uhr.
Informationen über die Mainkrokodile sind erhältlich unter der Telefonnummer (069) 60 90 96 10.
Mainkrokodile wollen sich künftig auch um Säuglinge kümmern (Frankfurter Rundschau, 2002)
Mainkrokodile wollen sich künftig auch um Säuglinge kümmern — Sachsenhäuser Trägerverein plant Gruppe im Alter zwischen zwei und sieben Monaten / Beginn ab Herbst (Artikel von Martin Hampel in der Frankfurter Rundschau am 4.4.2002)
Die Mainkrokodile weiten ihr Angebot aus. Im Herbst will sich der Träger mit einer neuen Gruppe um Kinder kümmern, die jünger als ein Jahr sind. Derzeit wird das Angebot in einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt an anderen Einrichtungen vorbereitet.
SACHSENHAUSEN: Der Bedarf für die Betreuung von Säuglingen scheint vorhanden, sagt Bernd Niedergesäß, Geschäftsführer der Mainkrokodile. Bereits jetzt gehen im Kinderhaus an der Diesterwegstraße die ersten Anmeldungen für die Gruppe ein, die im Herbst dieses Jahres gegründet werden soll. In Frankfurt mangele es grundsätzlich an Betreuungsangeboten für Kinder im Alter unter einem Jahr, für Säuglinge gibt es derzeit nur wenige Angebote.
Zurzeit bereiten sich Niedergesäß und seine Mitarbeiter noch auf die neuen Aufgaben vor. In der Kindertagesstätte für die Europäische Zentralbank und die städtische Kinderkippe in der Scheidswaldstraße kommen bereits jetzt Kinder unter einem Jahr. Niedergesäß schaut sich insbesondere das Gruppenverhalten der Säuglinge an, um daraus Schlüsse zu ziehen, wie sie miteinander umgehen. Das Verhalten wird minutiös protokolliert und ausgewertet. Für Juni ist eine Fachtagung geplant, bei der die Ergebnisse der Forschergruppe anderen Wissenschaftlern und Vertretern von Stadt und Land vorgestellt werden sollen.
Außer Niedergesäß gehört der Forschergruppe, die das Verhalten der Kinder beobachtet, auch Petra Bernhadt von der „Landesarbeitsgemeinschaft Freier Kinderarbeit“, Sabine Drexler-Wagner von der „Gesellschaft zur Förderung betrieblicher und betriebsnaher Einrichtungen“ und Elisabeth Strüber vom „Sozialpädagogischen Verein zur familienergänzenden Betreuung“ an. Nach dem Ende des wissenschaftlichen Pilotprojektes im Juni planen auch die anderen Träger, eigene Gruppen für Säuglinge zu gründen. Wo und wann das geschieht, ist zurzeit indes noch unklar.
In anderen Ländern wie etwa in Frankreich sei es völlig normal, dass Kinder im zarten Alter von zwei Monaten in Betreuungseinrichtungen gegeben werden, sagt Niedergesäß. Darin liege ein Grund, warum die Nachfrage in Frankfurt groß ist. Viele Eltern, die aus dem Ausland kommen, wollen, dass ihre Kinder wie in ihrem Heimatland betreut werden.
Ein weiterer Grund für die Frühbetreuung liegt in neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen. „Das wissenschaftliche Bild vom Säugling ist in den vergangenen 20 Jahren revolutioniert worden“, sagt Niedergesäß. Ein Säugling komme mit viel mehr Kompetenzen auf die Welt, als früher angenommen wurde. Ein Neugeborenes lerne etwa sehr schnell, Gesichter zu erkennen und zu unterscheiden sowie die Mimik von Erwachsenen zu imitieren. Vieles sei allerdings in diesem Bereich noch unerforscht, etwa das Gruppen- und Lernverhalten von Säuglingen.
Wirtschaftlicher Druck der Eltern sei im Gegenteil kaum der Grund, ihren Säugling in die Frühbetreuung zu geben. Vor 20 Jahren, vor Einführung des Mutterschutzgesetzes, hätten viele Eltern ihre Kinder weggegeben, um arbeiten zu gehen. Nach den Erfahrungen von Niedergesäß spiele dieses Motiv heute eine eher untergeordnete Rolle.
In der neuen Gruppe sollen sechs Kinder im Alter zwischen zwei und sieben Monaten zusammen spielen. Die Betreuung an zwei Nachmittagen pro Woche übernehmen ein Erzieher und eine Erzieherin, da Kinder insbesondere im Säuglingsalter auf Männer und Frauen unterschiedlich reagieren.
Anmeldungen für die Säuglingsgruppe nehmen die Mainkrokodile noch bis Sommer unter der Tel.-Nr.: 0 69 / 60 90 96 10 entgegen.
Publikationen vor 2000
Das behinderte Kind und seine Eltern (P.Bernhard u. B.Niedergesäß, 2002)
Beschreibung des Konzepts eines Pilotprojekts:
Während Eltern in der Vergangenheit Plätze in Krabbelstuben erst für ihre etwa einjährigen Kinder suchten, gibt es seit kurzem verstärkt Nachfragen nach Plätzen für jüngere Kinder. Einige Krabbelstuben haben begonnen, ihr Angebot diesem neuen Bedarf anzupassen und Kinder ab etwa zwei Monaten aufgenommen. Auf Erfahrungen bei freien Trägern kann dabei nicht aufgebaut werden. Auch auf die Praxis aus städtischen Kinderkrippen kann nur bedingt zurückgegriffen werden, da dort in den vergangenen Jahren aufgrund der geringen Nachfrage nur noch wenige Kinder unter einem Jahr betreut wurden.
Da die Rahmenbedingungen in den Einrichtungen ausschlaggebend sind für eine gute Betreuung, Förderung und Erziehung von Kindern in Institutionen, müssen sie unbedingt Berücksichtigung finden bei der Weiterentwicklung der Konzepte. Zielsetzung unseres Pilotprojektes ist es Voraussetzungen zu schaffen für eine systematische Konzeptentwicklung, die dieser neuen Nachfrage Rechnung trägt. Rahmenbedingungen für die familienergänzende Betreuung von Kindern unter einem Jahr in Frankfurt sollen dabei erforscht werden.
Klicken Sie hier für „Von Krokodilen und Krankenwagen“ von Dr. Bernd Niedergesäß, erschienen in „Das behinderte Kind und seine Eltern“ aus der Reihe von Selbsthilfen. (2000 – Asanger Verlag GmbH Heidelberg)
Von Krokodilen und Krankenwagenfahrern (Bernd Niedergesäß, 2000)
Phantasien um ein behindertes Kind in einer Kindergruppe, in Werkstattgruppe familienorientierte Frühförderung (Hrsg.) Asanger Verlag (2000)
Die Lektüre dieses Buches fördert das Verständnis und die liebevolle Begleitung des behinderten Kindes. Gerade für behinderte Kinder ist es bedeutsam, dass die mit der Realität des Kindes verstrickten Phantasien der Eltern lebendigen Ausdruck im Dialog mit dem Kind finden und deren Spiel- und Bewegungsraum erweitern.
Aus dem Inhalt:
- Schwangerschaftsphantasien von Müttern und ihre psychoanalytische Bedeutung für die frühe Mutter-Kind-Beziehung.
- Phantasien um ein behindertes Kind in einer integrativen Kindergruppe
- König Schwellfuß: Der ödipale Konflikt ums behinderte Kind
- Zwischen Orang-Utan und Todesangst: Zur Motorik des behinderten Kindes
- Tod eines behinderten Kindes
Klicken Sie hier für „Von Krokodilen und Krankenwagen“ von Dr. Bernd Niedergesäß, erschienen in „Das behinderte Kind und seine Eltern“ aus der Reihe von Selbsthilfen. (2000 – Asanger Verlag GmbH Heidelberg)
Aggressionen aus Angst (G.Dombrofski, C.Michel u. B.Niedergesäß, 1996)
Aggressionen aus Angst — Der integrative Hort des Kinderhauses Mainkrokodile, Frankfurter Rundschau, (24.02.1996)
Psychoanalytische Pädagogik im Kinderhaus Mainkrokodile (G.Dombrofski, C.Michel, B.Niedergesäß u. R. Trippel, 1995)
Im Elternhandbuch Kindergarten, hrsg. v. M.Dittmann und C.Büttner Beltz, (1995) wird das Typische des psychoanalytisch orientierten Kinderhauses beschrieben, der Ablauf des Kindergartenjahres sowie der Tagesablauf in Krabbelstube, Kindergarten und Hort. In zwei längeren Kapiteln wird sodann die Praxis der psychoanalytischen Pädagogik in der Krabbelstube und im Hort anhand von Szenen aus dem Alltag der Gruppen dargestellt.
Jeden Morgen kommen Zweifel — Kleinkinder in öffentlicher Erziehung. (Frankfurter Rundschau, 1993)
Jeden Morgen kommen Zweifel — Kleinkinder in öffentlicher Erziehung. (Frankfurter Rundschau, 11.09.1993)
Wohin mit unseren Kleinsten (B.Niedergesäß/K.Werner-Rosen (Hrsg.), 1993)
Aufsatzsammlung aus theoretischen Beiträgen und DDV-Verlag Hamburg.
Die Einstellung von Eltern zur Betreuung ihres kleinen Kindes in einer Krabbelstube ist zumeist widersprüchlich. Sie quälen Fragen und Zweifel:
Dient die öffentliche Erziehung wirklich dem Wohl der Kinder dieses Alters? Ist sie für ihre Entwicklung geradezu notwendig – oder wird aus der mütterlichen, sprich hausfraulichen Not, eine Tugend für das Kind gemacht? Und wenn schon Krippenerziehung, ist sie deshalb schon den ganz Kleinen zumutbar und förderlich – und wenn, wie viel davon?
Diese widersprüchliche Einstellung ist nur zum Teil Ausdruck der kontroversen öffentlichen Diskussion über dieses Thema. Bedeutsamer für die Verunsicherung und Zweifel der Eltern ist es, dass sie am Lebensbeginn ihrer Kinder so eng mit diesen verwoben sind, sodass man von einer psychischen Einheit (Symbiose) spricht. Der gemeinsame Weg von Kindern und Eltern aus dieser „Einheit“ ist von starken Gegensätzen geprägt.
Betrachtet man die kindliche Entwicklung vor diesem Hintergrund, kann das widersprüchliche Verhalten der Kinder in den ersten Lebensjahren als entwicklungsangemessen verstanden werden. Aber auch die eigenen, oft schwer verständlichen, zumeist schwierig erlebten Gefühle in diesem Prozess können und dürfen vor diesem Verstehungshorizont für Eltern und PädagogInnen einen Sinn erhalten. Nur so können diese Gefühle wiederum dem Verständnis der Kinder dienen.
Verwirrungen um Ruth (Bernd Niedergesäß, 1990)
Psychoanalytische Pädagogik im integrativen Kindergarten, Frühförderung interdisziplinär 9.Jg., S 114-119
Beziehungsschwierigkeiten zwischen einem behinderten Kind und anderen Kindern und/oder uns Pädagogen sind oft im Zusammenhang damit zu verstehen, wie die Behinderung des Kindes im Rahmen seiner Familie bisher verarbeitet wurde. Wie unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs im Alltag des Kindergartens auf die dort auftretenden Beziehungsschwierigkeiten auf dem Hintergrund psychoanalytischen Verstehens pädagogisch eingegangen werden kann, wird am Beispiel der Schwierigkeiten zwischen Ruth, einem cerebral bewegungsgestörten vierjährigen Mädchen und uns Pädagogen gezeigt.
Förderung oder Überforderung? (Bernd Niedergesäß, 1989)
Probleme und Chancen der außerfamilalen Betreuung von Kleinstkindern, Mainz
Viele Eltern haben Vorbehalte, ihre Kinder schon vor dem 3. Lebensjahr für einige Stunden des Tages außerhalb der Familie zusammen mit anderen Kindern aufwachsen zu lassen. Diese Bedenken bestehen vor allem darin, dass Kinder durch die Trennung von der Familie – besonders von der Mutter – überfordert werden und dadurch in ihrer weiteren Entwicklung Schaden nehmen. Dies sind Befürchtungen, die auch in zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen geteilt werden.
Zunächst fasst der Autor zusammen inwieweit sich solche Hoffnungen und Befürchtungen durch bereits vorliegende Untersuchungen belegen lassen und wertet dann Erfahrungen aus seiner pädagogischen Praxis in einer Krabbelstube aus. Mit diesem Hintergrund zeigt er die Möglichkeiten auf, die Pädagogen – auf Basis eines psychoanalytischen Verständnisses – haben, auf die Lösungen von Eltern und Kindern unterstützend Einfluss zu nehmen.
Krabbelstube für behinderte und nicht behinderte Kinder (A.Krieglsteiner/B.Niedergesäß, 1988)
Theorie und Praxis der Sozialpädagogik S. 160-162
Dargestellt werden:
- das Konzept der integrativen Krabbelstube,
- das der pädagogischen Arbeit zugrunde liegende Verständnis von Integration,
- die Gesichtspunkte für die Zusammensetzung der Gruppe,
- die Zusammenarbeit mit den Eltern,
- der Umgang mit „schwierigen“ pädagogischen Situationen,
- die Bedeutung der therapeutischen Angebote sowie
- das Verhältnis von Frühförderung und integrativer Krabbelstube.
Opa macht das Haus kaputt (Bernd Niedergesäß, 1987)
Gruppenprozesse in der Krabbelstube in: H.G.Trescher, C.Büttner (Hrsg.) Chancen der Gruppe, Mainz, S. 12-21
Es wird die Dynamik der Kinder- und Elterngruppe in einer Krabbelstube beschrieben. Das Verstehen dieser Prozesse sowie darauf basierender Interventionen sind mit Hintergrund psychoanalytisch orientierter Pädagogik dargestellt. Diese Beschreibung veranschaulicht zudem, wie sich im Laufe der Sozialisation die Gruppenfähigkeit von Kindern entwickelt hat.
Warum ist Niko auf einmal so aggressiv? (A.Krieglsteiner/B.Niedergesäß, 1986)
Serie pädagogischer Entwürfe: Psychoanalytisch orientierte Arbeit mit Kindern. Welt des Kindes, S. 379-385 (5/86)
Anhand eines Fallbeispiels aus der Krabbelstube wird das Vorgehen der psychoanalytisch orientierten Pädagogik dargestellt.
Gestaltpädagogik und psychoanalytisch orientierte Pädagogik (Bernd Niedergesäß, 1985)
Ein Vergleich in; Jb. d. Zschr. f. Humanistische Psychologie, 8. Jg., S. 51-85 (1985)
Die gestaltpädagogische wird mit der psychoanalytisch orientierten Arbeitsweise verglichen. Zu beiden Vorgehensweisen gibt es je ein Beispiel mit Interpretation. In weiteren Schritten wird auf die theoretischen Grundlagen der Interpretationen, die Interventionen der Pädagogen und deren dazu erforderlichen Kompetenzen eingegangen. Die Parallelen und Unterschiede beider Vorgehensweisen werden gegenübergestellt und dessen Unterschiede abschließend diskutiert.